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"Die letzten Dinge" von Louis Spohr
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Der heute nahezu vergessene Louis Spohr (1784 – 1859) war zu seiner Zeit eine Berühmtheit: berühmt als Komponist, Geigenvirtuose, Dirigent und Musikpädagoge. Geboren in Braun-schweig lebte und wirkte er in Gotha, Wien (wo er mit Beethoven freundschaftlich verbunden war), Frankfurt am Main und Kassel. Er schrieb etwa 280 Kompositionen: Opern, Oratorien, Kantaten und zahlreiche Lieder sowie Violinkonzerte.
Das Oratorium „Die letzten Dinge“ (1825 bis 1826 entstanden) war eines der erfolgreichsten Werke Spohrs, nicht zuletzt wegen der besonders gelungenen Chorpartien. Bereits die Uraufführung 1826 in Kassel wurde zu einem großen Erfolg. Die Aufführung beim Musikfest in Düsseldorf im selben Jahr war so überwältigend, dass das Fest um einen Tag verlängert wurde, um eine zweite Aufführung zu ermöglichen. Der begeisterte englische Sänger Edward Taylor (1784–1863) verfasste eine englische Fassung, die 1830 erstmals aufgeführt wurde und in England womöglich noch erfolgreicher war.
Zugrunde liegen die theologisch bedeutsamsten Teile der neutestamentlichen Offenbarung des Johannes (Apokalypse), dessen Visionen Spohr in eindringlicher Weise zur Geltung bringt. Das Libretto, das Johann Friedrich Rochlitz Spohr angeboten hatte, ist eigentlich kein Libretto im üblichen Sinn. Ursprünglich enthielt es nur Worte aus der Offenbarung. Auf Ver-langen Spohrs arbeitete Rochlitz den Text um und ergänzte ihn mit einigen wenigen Zitaten aus dem Alten wie dem Neuen Testament.
Liturgisch passt das Werk gut zum Ende des Kirchenjahres. Die Komposition besticht durch meisterhaft eingesetzte Instrumentationstechnik, überlegen eingesetzte Chromatik, großangelegte Solorezitative und eingängige Chorpartien voll inniger Empfindsamkeit und aufwühlender Dramatik.
Louis Spohr gelingt damit eine Weiterentwicklung des Oratoriums, wie es von Händel und Haydn geprägt worden war. Seine Absicht war, eine religiöse Musik zu schaffen, die jedoch weniger liturgisch wirken sollte. Spohr: “Ich war vor allem bemüht, sehr einfach zu sein, religiös und echt im Ausdruck, und dabei sorgfältig alle künstlerischen Tricks, jeden Bombast und Aufführungsschwierigkeiten zu vermeiden.”
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